Benjamin E. gegen seinen "unendlichen" EGV-VA

Hallöchen Frigga,

ich hatte noch etwas gewartet weil mich eigentlich noch ein gesonderter Bescheid erreichen sollte von meiner AV, aber
dieser ist noch immer nicht eingegangen und ich wollte Dich jetzt auch nicht länger warten lassen ;)

. . . Es scheint schon fast Surreal, dass ich eigentlich genau dort ansetzen kann, wo ich in meiner letzten Schilderung aufgehört hatte.

Wie bereits berichtet bekam ich also bei meinem ersten Termin am 06. März 2017 mit der neuen AV eine frische EGV vorgesetzt.
Diese neue EGV hatte sich dadurch ausgezeichnet das sie „bis auf weiteres“ , Gültigkeit besitzen würde.
Also würde ich mich mit meiner Unterschrift, im schlimmsten Fall, in eine ewige Knechtschaft begeben in der ich auf das Wohlwollen des Jobcenters angewiesen wäre.
Nachdem ich die Frage äußerte wie kompromissbereit das Jobcenter/meine AV wäre und ich meinen Unmut gegenüber der gängelnden Eigenbemühungen kund tat
die ja immerhin „nur“ 8-10 Stk. Im Monat betragen würden kam dann auf einmal das indoktrinierte „Wesen“ meiner AV zum Vorschein.
„Wollen Sie überhaupt Arbeiten?“, „Dies beruht alles auf den Leitsatz fördern und fordern“ waren dann die vorgetragenen Phrasen.

Dies versuchte ich dann damit zu kontern, dass ich ja in der Zeit in der ich in der Bildungsmaßnahme war und der relativ kurzen Zeit danach (Aug 2016-Feb2017), in der ich
keine standardisierte und gängelnde EGV hatte und ich trotzdem Bewerbungen aus eigenem Interesse und Antrieb schrieb. Dies wurde halt mehr oder weniger ignoriert.
Dann stellte ich die Frage „Was wäre wenn ich die geforderten Eigenbemühungen einmal nicht erreiche, weil der „Arbeitsmarkt“ es eigentlich hergeben würde,
ich mich aber nicht bei jeder Hinterhof Firma (Ich habe nichts gegen eine Hinterhof Firma, sondern wollte lediglich eine Unseriösität im normalen Sprachgebrauch verwenden)
bewerben wollen würde, dann müsste ich ja mit einer Sanktion rechnen, oder nicht?“
Die Antwort: “Sie sind ja verpflichtet, jede, Ihnen zumutbare, Arbeit anzunehmen und somit könnten Sie sich auch in anderen Bereichen für Hilfstätigkeiten bewerben.“
Es wurde also mit keinem Wort, inhaltlich auf meine vorherige Frage, eingegangen.
Das dies nicht zielführend sein kann und ich aus wohlbedachten bedenken diese EGV also nicht unterschreiben KANN gab Sie mir eine Frist bis
zum 20. März 2017 diese EGV unterschrieben einzureichen, ansonsten würde diese halt per Verwaltungsakt erlassen werden.

Die Zeit verging, Bewerbungen wurden geschrieben und Vorstellungen wahrgenommen (aus EIGENEM Willen!!)
Schließlich trudelte dann um den 20. März 2017 rum die versprochene EGV per Verwaltungsakt ein.

Da ich juristisch halt nur ein Laie bin musste ich mir also Hilfe suchen. Diese Hilfe fand ich nach langer und gründlicher Recherche auf Ralph Boes seiner Internetseite,
wo er seinen Schriftverkehr mit den Jobcenter öffentlich für jeden zugänglich macht.

Dafür ein riesen DANKESCHÖN !

Ich bin also auf der besagten Seite auf einen (aus meiner Sicht wunderbar) formulierten Widerspruch (Als Anhang beiliegend) von Ralph Boes gestoßen und
nahm diesen, leicht abgeändert, für meinen Eigenen als Vorgabe und schickte diesen schließlich am 10. April 2017 per Einschreiben ans Jobcenter.
Normalerweise würde ich etwas so wichtiges immer gerne persönlich mit Empfangsbestätigung am Tresen abgeben, jedoch war mir dies an diesem Zeitpunkt leider nicht möglich gewesen.

„Blitzartig“ am 09. Mai 2017 bekam ich erstmal das Bestätigungsschreiben (Als Anhang beiliegend) das mein Widerspruch am 13. April 2017 eingegangen sei. Innerlich bereitete ich mich also schon mal darauf vor (mal wieder) den Klage-Weg über das Sozialgericht bestreiten zu müssen. Mit einem datierten Schreiben vom 23. Mai 2017 kam dann die Antwort (recht unerwartet) von meiner AV höchstpersönlich, das nach nochmaliger Überprüfung der Rechtslage meinem Widerspruch abgeholfen wird.

Jetzt bin ich zur Zeit also OHNE EGV und OHNE ANGST vor Sanktionen, weil ich nach MEINEM WILLEN und nicht nach dem des Jobcenter handeln kann.

Das wäre es dann erstmal wieder von mir und meinen Erfahrungen der letzten Wochen.

Einen wunderschönen Sommer !
Grüße Benjamin

PS.: man kann mich wie gewohnt unter kingilein at web.de erreichen falls Kontaktwünsche/Fragen bestehen.


So ich hoffe ich konnte alles verständlich und nachvollziehbar wiedergeben. Falls irgendetwas nachzubessern wäre schreib mir einfach ;)

Anlagen:
- EGV-VA 5 Seiten
- Eingangsbestätigung Widerspruch
- Abhilfebescheid

sie folgen hier:

EGV-VA 5 Seiten








WIDERSPRUCH von Benjamin E.:

Hamburg, den 10.04.2017
Jobcenter team.arbeit.hamburg
Weidenbaumsweg 69b
21035 Hamburg
Zu Händen: Frau K


Widerspruch

Sehr geehrte Frau K,
gegen Ihre Eingliederungsvereinbarung nach §15 Abs.3 Satz 3 Zweites Buch
Sozialgesetzbuch 2 (SGB II) Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt,
vom 20.03.2017, lege ich hiermit fristgerecht Widerspruch ein.

Begründung:
Die Eingliederungsvereinbarung stellt der Form nach einen Vertrag gemäß des Vertragsrechts des BGB dar. Im Abschnitt 3 des BGB sind die Grundlagen der Rechtsgeschäfte geregelt, im Titel 2 des BGB die Willenserklärung dort selbst in den §§ 116 ff BGB. Danach sind Verträge nur rechtswirksam gültig, wenn sie im Zuge der Freiwilligkeit geschlossen werden, andernfalls sind sie anfechtbar und nichtig. Damit ist das Prinzip der Vertragsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich garantiert. In diesem Rahmen ist es nicht notwendig, näher auf Zwangsvereinbarungen einzugehen. Abgesehen von der Tatsache, dass die Nichtunterzeichnung einer Vereinbarung jeglicher Art, als Dekret durch die Hintertür dann doch den Schein der Rechtsgültigkeit der Bestimmungen der abgelehnten Vereinbarung erfährt, beweist spätestens hier:

  • den eindeutigen Rechtsmangel des Vertrages in Sachen Vertragsfreiheit
  • die eindeutig nachweisbare nahezu totale Entrechtung eines unschuldig bedürftigen Bürgers unseres Landes
  • den Willkürcharakter und den Zwangscharakter nahezu aller Arbeiten des 1. Und wohl auch des 2. Und x-ten Arbeitsmarktes, mit anderen Worten des Tatbestandes der Zwangsarbeit, deren Verbot de jure und deren Ächtung als zivilisatorische Errungenschaft längst unbestritten sind. In diesem sei hier auf Artikel 12 GG verwiesen.
  • Vertiefende juristische Betrachtungen inkludieren höchstwahrscheinlich die berechtigte Vermutung einer möglichen strafbaren Handlung in der Erzwingung von Zwangsarbeit.

Wesentlich schwerwiegender und von grundsätzlicher Bedeutung sind die mehrfachen, direkten, unmittelbaren, offenen und unverhohlenen Gesetzesbrüche des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

Im Zusammenhang meines Widerspruches reicht der Hinweis auf die folgenden Gesetzverstöße, die eine Substituierung der Eingliederungsvereinbarung per Dekret bedeuten:

  • Art. 1 GG Die Würde des Menschen ist unantastbar
  • Art. 2 GG Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
  • Art. 11 GG Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet
  • Art. 12 GG Freie Berufswahl, Verbot von Zwangsarbeit

Besonders sei hier noch auf Artikel 19 GG verwiesen, wonach Abweichungen vom Grundgesetz benannt und begründet werden müssen, wobei kein Grundrecht wesentlich außer Kraft gesetzt werden darf. Die Nichtbeachtung dieses Zitiergebots verschleiert, dass weite Teile des SGB II, vor allem die in den §§ 31 ff SGB II geregelten Sanktionsmaßnahmen grundsätzlich rechtsungültig sind.
In diesem Zusammenhang seien dann auch die Leitsätze zum Urteil vom 09. Februar 2010 des Bundesverfassungsgerichts genannt:

Dieses Grundrecht stellt also laut Verfassungsgericht auch ein Gewährleistungsrecht dar. Daraus ergibt sich dann aber vermutlich auch eine Gewährleistungspflicht des Staates, dieses menschenwürdige Existenzminimum auch zu gewähren und zu gewährleisten. Dieses Grundrecht auf Gewährleistung darf auch nicht durch vorgeschaltete Fremdforderungen eingeschränkt werden (Wohlverhalten des Leistungsberechtigten, Annahme jedes Arbeitsangebots, Folgeleistung sogenannter Einladungen, Teilnahme an Maßnahmen, etc.)

Meinen obigen Ausführungen folgend beantrage ich:

  • Die Inkraftsetzung eines Dekretes mit den vollständigen oder teilweise Bestimmungen der nichtrechtskräftigen Eingliederungsvereinbarung aufzuheben
  • Bis zu einer Klärung durch das Verfassungsgericht von Sanktionen abzusehen
  • Mir einen entsprechenden Bescheid zuzustellen, dessen Ausbleiben ich als Zustimmung im Sinne der Bedeutungsübertragung des § 362 Abs. 1 des HGB werten werde.

Bundesverfassungsgericht Leitsätze vom 09. Februar 2010 (Auszüge)

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums … sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für die physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht … hat als Gewährleistungsrecht … eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, … Auch wenn Sie selbst nicht Beamte sein sollten, handeln Sie dennoch als Teil der Exekutive, eingebunden in das bestehende Gesetzeswerk der Bundesrepublik Deutschland. Der Amtseid der Beamten und Richter dürfte durchaus sinngemäße Gültigkeit für alle Bediensteten des öffentlichen Dienstes haben, mögen die eigentlich behördlichen Einrichtungen sich auch noch so kunstvoll hinter ein künstlich geschaffenes privatwirtschaftliches Gepränge verschanzen. Die Verwaltung und Verteilung von Steuergeldern ist und bleibt Angelegenheit des öffentlichen Rechts! Hier zur Verdeutlichung die nicht ganz vollständige Formulierung des Amtseides, die mit Sicherheit Maßstab für alle Bediensteten des öffentlichen Dienstes sein kann oder sein müsste, wenn nicht, was denn sonst?
Zitat:
Ich schwöre, Das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren und gewissenhaft zu erfüllen,…“


Mit freundlichen Grüßen


Benjamin erhielt eine Eingangbestätigung und hier dann einen

Abhilfebescheid

 
Kommentar von FriGGa: CONGRATULATION!


Mögen sich andere Jobcenter ein Bsp. daran nehmen und uns vor Sanktionen bewahren, bis sie endgültig abgeschafft wurden (und nicht durch was anderes Mieses ersetzt werden).


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