Regelsatzhöhenklage_LSG

Der Termin war am 20. 09. 2017 im LSG in Potsdam

Hier schreibt der Kläger:

"Es war eine auf 1 Std. angesetzte öffentliche Verhandlung mit einer Berichterstatterin und 2 ehrenamtl. Richtern.
Zu Beginn beantragte ich einen Beistand (seine Anwesenheit als Prozesszeuge!! ist für mich viel wichtiger, da nur mangelhaft über ein Diktiergerät protokolliert wurde, ggf. werde ich einen Protokollberichtigungsantrag stellen müssen) mit der Begründung als Hilfestellung beim Bereithalten der Unterlagen und ggf. zum Vorlesen von Kleingedrucktem wg. meiner nicht-bewilligten Sehhilfe, da zickte die Ri. bereits rum und schnitt mir sogleich das Wort ab, wie auch mehrfach in der Verhandlung, worauf ich entspr. konterte und mich in der Fortsetzung meines Sachvortrags nicht einschüchtern ließ, so gut es ging.

Die Ri. war schon zu Beginn gereizt und zum Klagethema schlecht vorbereitet.
Ich legte dann - ohne Rücksicht auf Verluste u. Sympathien, wozu auch noch - zu Anfang gleich nach mit Antrag auf Einsichtnahme der Prozessgeneralvetretungsvollma
cht der Beklagten, die erst herbeigeschafft werden musste. Das verzögerte die Verhandlung um ca. 15 Min., was die Stimmung endgültig kippte. Die Ri. versuchte mein Hauptanliegen auf einen Klageantrag gegen die Höhe des Regelsatzes zu reduzieren und vom eigentlichen Anliegen, nämlich die rechtswidrige Fortschreibung statt Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze zum 01.01.2016, abzulenken. Sachlich konnte die Ri. mir nichts Entscheidendes entgegenbringen, da auch noch keine Entscheidungen vom BSG vorliegen. Sie bestand sturr auf die Rechtmäßigkeit der Regelsatzhöhe, da alle Regelsatzklagen vom BVerfG bisher abgewiesen wurden. Daher ist es wichtig, sich als Kläger (da ich schon ungefähr wusste, wie die Verhandlung abläuft, nämlich destruktiv) seine Klageanträge und Ergänzungen vorab schriftlich vorzubereiten, damit nichts untergeht. Mein Hauptargument war dann u.a. das Urteil des BVerfG von 2010, das dem Gesetzgeber mehrfach aufträgt, "zeitnah" zu regieren, d.h. angewandt auf den vorliegenden Streitfall: Die EVS wird alle 5 Jahre erhoben, so sollte auch der Gesetzgeber verpflichtet sein, ebenso im 5-Jahre-Rhythmus die Regelsätze in einem Bundesgesetz neu zu bestimmen, wie es der § 28 SGB XII vorschreibt. Die EVS von 2013 wurde im Sept. 2015 veröffentlicht, somit war noch genug Zeit, die Neuberechnung inkl. Sonderauswertung durchzuführen, da in meinen Augen die Sonderauswertungen entgegen richterlicher Ansicht nicht mehr zeitaufwendig sein können, da diese bereits in der Vergangenheit durchgeführt wurden, es sei denn, man will wieder politisch eingreifen und die wahren Ergebnisse dieser intransparenten Sonderauswertungen nach unten manipulieren.
Ich rechne mit einem ebenso wieder abgeschriebenen Urteil, gegen das ich dann wieder den Rechtsweg fortbeschreite.

Hartz-IV ist - zum Bedauern - derzeit kein großes Thema in der Öffentlichkeit, deswegen ist auch das Interesse von den Medien gering oder so gut auf NULL. Aber mir geht es als direkt Betroffener, der dazu die Möglichkeiten und den Nerv dazu hat, um den Kampf gegen das Unterdrückungs-/Ausbeutungs und Erpressungssystem Hartz-IV, gegen den Niedrig(st)lohnsektor etc. , gegen das in Gesetz gegossene Unrecht der Ausbeutung und Erniedrigung einer wehrlosen Minderheit, als eine Form des zivilen Widerstands auf juristischen Wege gegen die Obrigkeit, aber auch gegen eine diese Obrigkeit unterstützende gesellschaftliche Mehrheit, die Hartz-IV befürwortet und teilweise auf Kosten des Niedriglohnsektors lebt.
Dazu mehr, wenn das Urteil vorliegt, aber wesentlich neue Inhalte/Erkenntniss verspreche ich mir nicht, da die Ri. bei mir nicht den Eindruck erweckte, mit der rechtlichen Problematik besonders vetraut zu sein, da sie nur darauf abstellte, dass das BVerfG bisher die Regelsatzhöhe für verfassungskonform angesehen hat. Aber das war ja nicht der Streitgegenstand ! Und man kann hier eben nicht so einfach aus irgendwelchen Praxiskommentaren abschreiben. Vermutlich wird die Ri. aus den bisher vorliegenden Urteilen auf LSG-Ebene auch nur abschreiben, aber das kommt mir sogar gelegen im Fortbeschreiten des Rechtsweges."

1 Kommentar:

  1. Die EVS mit den Daten von 2013 wurde vom Statistischen Bundesamt im September 2015 veröffentlicht. Somit hätte das BMAS sofort danach mit der Auswertung und NEUBERECHNUNG durchzuführen.
    Ich denke, dafür hätte das BMAS von September-Dezember 2015 Zeit genug gehabt. Und ich denke, die neuen Regelsätze aufgrund dieser Neuberechnung - wie gesetzlich vorgeschrieben - hätte dann auch zum 1.1.2016 erfolgen MÜSSEN!
    Aber nein, auch nicht zum 1.7.2016 wurden die neu berechneten Regelsätze angepasst bzw. die erhöhten Regelsätze ausgezahlt.
    Sondern erst zum 1.1.2017 erfolgte die Erhöhung der Regelsätze für Alleinstehende um ganze 5 EURO !
    Was für ein Hohn.
    Fast 1 1/2 Jahre NACH der Veröffentlichung der EVS wurden die "neuen" Regelsätze ausbezahlt.
    Damit sparte sich das BMAS viel Geld.
    Niemand in der Öffentlichkeit interessierte sich dafür, nur ein paar wenige.
    Dazu kam leider im September 2015 die Flüchtlingskrise.
    Aber was sind schon die armseligen Hartz4-Empfänger wert...
    LG
    Stefan

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