Montag, 17. Dezember 2018

Antrag auf genehmigte Ortsabwesenheit im Januar 2019

[an meine zuständige Arbeitsvermittlerin Frau K.]  

Betreff: 033A261642, Antrag auf genehmigte Ortsabwesenheit im Januar 2019

                      16.12. 2018

Sehr geehrte Frau K.

hiermit beantrage ich Urlaub für den 14. bis 16. Januar 2019, da ich meine eigene ordnungstechnisch bereits angemeldete Kundgebung in Karlsruhe durchführen möchte, wozu ich natürlich auch selber anreisen muss ;-)



Gern zeige ich mich Ihnen oder Ihren Kolleg*innen am frühen Morgen des 14. Januar und ich komme gern auch im Laufe des 17. Januar vorbei, um zu zeigen, dass ich wieder in Berlin bin, wenn Sie Ihrerseits diesen Schritt der Kontrolle zur Genehmigung der Ortsabwesenheit benötigen.*

Grund für die Reise ist die von mir und vielen anderen, auch etlichen Jobcentermitarbeitenden, erwartete Verhandlung der Sanktionsfrage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Ich lade Sie und alle Ihre Kolleg*innen sämtlicher Jobcenter sowie Mitarbeitende von Sozialgerichten, Beratungsstellen, Fortbildungsfirmen usw. herzlich ein, diese Verhandlung medial oder auch vor Ort zu verfolgen. Am liebsten stelle ich mich nicht NUR mit (ein paar ebenso hartgesottenen) Sanktionskritiker*innen aus Betroffenenkreisen vor das Bundesverfassungsgericht, sondern gemeinsam mit Interessierten jeglicher "Wunschausrichtung" zum ausstehenden Urteil aus den Jobcentern!

Es wäre mein Traum, mit meiner eigenen Arbeitsvermittlerin (sowie mit der Abteilung Team 765, die mit mir Sanktionen und ggf. auch nervliche Belastungen intensiv erlebt hat) zusammen dort zu stehen, denn das Urteil betrifft uns gemeinsam und die Verhältnisse, in denen wir zusammenarbeiten!



Hier weiteres zur Verhandlung:




Meine Kundgebung selber ist ab 9 Uhr vor dem Bundesverfassungsgericht angemeldet und auch am 16. ist eine (wegen Rückfahrtzeit kürzere) Kundgebung durch vorsorgliche Anmeldung möglich.

Was immer das Bundesverfassungsgericht sagen wird, es ist die Arbeit von Menschen wie Ihnen und mir gemeinsam, die die Frage dorthin gebracht hat. Natürlich haben etliche Juristen ihre Vorlagen entwickelt, doch waren es zuerst Sanktionsaussprechende und Sanktionsempfangende - allem voran Ralph Boes und dessen Arbeitsvermittlung – die es ermöglicht haben, dass ein Gothaer Richter in einem 60% Sanktionsfall geschaltet hat und die Klage nach Karlsruhe geschickt hat.

Natürlich weiß ich, dass Ihnen offiziell die Hände in der Art gebunden sind, dass Sie nicht in Ausübung Ihrer Dienstpflichten diese E-Mail (epidemisch) im Hause bzw. Ihrer "Community" teilen können, aber ich hoffe auf die privaten Gespräche und rechtlich für Sie unschädlichen Lücken, diese Nachrichten in Ihrem Sinne zu verbreiten unabhängig von dazu ggf. von oben erfolgen mögenden Weisungen. Eine Weisung, Sie alle zur Dienstreise nach Karlsruhe zu schicken, würde ich aber ebenso begrüßen – Geld sollte da sein für die Leute, denen man tagtäglich abverlangt, an vorderster Front Entscheidungen (hinsichtlich Sanktionen und allem weiteren) treffen zu müssen!

Ein herzlicher Gruß mit besten Wünschen für Weihnachten und das neue Jahr,


FriGGa Wendt





* Hinweise:

Falls man Ihnen vorschreibt, mir die Ortsabwesenheit nicht zu genehmigen, müssen Sie mich einen Kalendertag aus dem Bezug streichen, nämlich am 15.Januar 2019, an welchem ich anders als am 14. und 16. Januar, voraussichtlich nicht an den Briefkasten gehen werde.

Meine Reise kann gewissermaßen auch als Dienstreise zu Eigenwerbezwecken aufgefasst werden, da ich natürlich bei solcher Tätigkeit auch immer an Gruppen oder Kontakte geraten kann, die mich als Jobtesterin, Autorin, Referentin für irgendetwas verknüpft mit meinem sichtbaren politischen Profil bereit sein könnten zu bezahlen! In solchem Fall würde ich gesondert auf das Jobcenter zukommen, um Reise- und (Be)werbungskosten geltend zu machen (zu versuchen).




Noch kurz vor Weihnachten erreichte mich die nette Antwort meiner Arbeitsvermittlerin Frau K.!
Sie hat der Ortsabweseneheitsbeantragung entsprochen und ich soll mich dann einfach nur am 17. wieder kurz melden (das übliche "ich bin wieder da", was mit genehmigten** Ortsabwesenheiten einhergeht
Das Dokument liegt seit dem im Scanner wegen anderer Aktivitäten ;-).


ACHTUNG: Eben ging ein anderer  nicht so netter Brief vom AMSTGERICHT ein, denn auch denen habe ich ja den Gerichtstermin absagen wollen.

Da droht mir ein Säumnisurteil, wenn ich nicht am 16. bei denen auf der Matte stehe im Zwangsmieterhöhungsverlangensprozess meines Vermieters GEWOBAG. Meine Statements und Argumente zur Sachlage waren alle schon im Sommer vorgebracht worden mündlich wie schriftlich... es geht jetzt offenbar NUR um die Durchsetzung eines Termins gegen meinen Willen und gegen die Anerkennung eines wichtigen Grundes.

Die Demo ist vom 15. BIS 16. Januar angemeldet und die Rückreise soll so stattfinden, dass ich spätestens in der Nacht zum 17. wieder zu Haus bin.

Nun, ob eine ZUSENDUNG der Anmeldebestätigung vom Ordnungsamt Karlsruhe (bis maximal 18 Uhr am 16. Januar) reicht, obder nur Anlass weiterer Androhungen sein wird, wird sich zeigen und von mir ebenfalls veröffentlicht werden.

Einbindung in "Jobcenter-Erlebnistagebuch" (Teil 29)



** sich sowas überhaupt "genehmigen" lassen zu müssen, um nicht Strafen oder Ärger zu riskieren, finde ich absurd und dem freien Menschen entgegengesetzt. Trotzdem hat Frau K. es sicher gut gemeint und im Rahmen ihres Spielraums das Beste draus gemacht, während ihre beiden Vorgänger da ein anderes Vorgehen hatte und andere Interpretationen an den Tag legten, wenn ich nach "Urlaub" fragte...

2 Kommentare:

  1. Eine behördliche Erlaubnis für die "Ortsabwesenheit". – Auch so eine tolle Erfindung dieser menschenverachtenden Sanktionsbehörde, um ihre 'Leibeigenen' noch mehr demütigen zu können.

    Der Passus in der EGV, dass man sich verpflichten muss, sich nur innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs an allen Werktagen aufzuhalten, widerspricht dem Artikel 11 des Grundgesetzes.
    Art. 11 GG: Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

    Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sagt darüber hinaus.
    1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
    2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.

    Gemäß Formulierung der EGV ist man als ALG II Bezieher verpflichtet, sich überhaupt nur dann außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs zu begeben, wenn der persönliche Ansprechpartner, also der Sanktionsberechtigte des jeweiligen Jobcenters, zugestimmt hat. Jede Befreiung von der Anwesenheitspflicht ist demnach von der persönlichen Entscheidung eines Jobcentermitarbeiter abhängig. Es ist aber weder aus der EGV noch aus einem anderen Schriftstück der Bundesagentur für Arbeit ersichtlich, wie sich dieser „zeit- und ortsnahe Bereich“ überhaupt zusammensetzt; also wie weit sich das Gebiet des zeit- und ortsnahen Bereichs ab der eigenen Haustür als Bezugspunkt überhaupt erstrecken darf.

    Einer Auflage zur Ortsanwesenheitpflicht unterliegen in Deutschland eigentlich nur Straftäter unter Aufsicht eines Bewährungshelfers (§ 68a StGB, Führungsaufsicht) sowie Asylbewerber (§ 56 AsylVfG, Räumliche Beschränkung). Da ALG II Bezieher aber weder Straftäter mit Bewährungsauflagen sind und als deutsche Staatsbürger auch nicht in einem laufenden Asylanerkennungsverfahren stecken und somit auch KEINE Auflage zur Residenzpflicht nach § 56 Abs. 2 AsylVfG haben, zeigt sich wieder einmal, dass die Bundesagentur für Arbeit, und ihre Erfüllungsgehilfen aus den Jobcentern, eindeutig mit der Ortsanwesenheitspflicht für ALG II Bezieher eine Kompetenzüberschreitung begehen.

    „Die auferlegte Beschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG auf einen engen Raum und in so großer Abhängigkeit von der Zustimmung eines persönlichen Ansprechpartners kennt die Rechtsordnung nur für Asylbewerber (§ 56 ff. des Asylverfahrensgesetzes)“ - SG Berlin, Az.: S 37 AS 11713/05

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    1. ***Eine behördliche Erlaubnis für die "Ortsabwesenheit". – Auch so eine tolle Erfindung dieser menschenverachtenden Sanktionsbehörde, um ihre 'Leibeigenen' noch mehr demütigen zu können.***

      »Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht«
      Rosa Luxemburg (1870 - 1919)

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