Dienstag, 17. September 2024

Wegen Krankheit aus allen Hilfssystemen geschmissen?

Berlin, Sommer 2024:  Ein schwer erkrankter Mann im Bürgergeld-Leistungsbezug, der zumindest zeitweilig nicht laufen kann, muss ins Krankenhaus - wird dann in seine Wohnung (nicht ebenerdig, nicht behindertengerecht, kein Aufzug im Haus) entlassen - Pflege und Haushaltshilfe verweigert die Krankenkasse finanziell zu übernehmen.

(Quelle: private Zuschrift)

Nichteinmal Transporte in die Klinik zur Nachkontrolle oder zu weiteren Untersuchungen sind auf dem "geraden Weg" zu bekommen - kein Fahrdienst will den Kranken auf Kassenkosten zu seinen Arztterminen fahren.
Der Gesundheitszustand verschlechtert sich und der Mann muss wieder ad hoc ins Krankenhaus (Anm.: immerhin dazu rückt das Blaulicht wohl noch aus...).
Das Jobcenter hat inzwischen alle Leistungen eingestellt, obwohl der Mann brav alle seinen Mitwirkungsschreiben dem Amt beantwortet hat - diese kamen teilweise ihrerseits erst spät in Form von Rückfragen mit Rückmeldebögen bei ihm zu Haus an, dass sie nicht mehr aktuell waren (in dem Sinne: "wie lange werden Sie im KH bleiben" - "jetzt bin ich wieder zu Haus, es hat ganze... Tage gedauert" (Anm: es war weniger als 1 Monat)).
 
Zahlt das Jobcenter keine Leistungen, sind in der Regel Miete und auch Krankenversicherung in Gefahr. Gerade, wenn man am schwächsten ist, wird oft die Notlage eines Menschen verschlimmert.
Das ist dem Grunde nach strukturell bedingt, also systemisch, wenn auch vermutlich hier und da die eigenen Gesetze brechend - wie im vorliegenden Fall, in welchem der Betroffene im EINSTWEILIGEN RECHTSSCHUTZ erfolgreich war.
Selbst wenn die Mitarbeiter*innen in Kassen und Behörden "nur brav ihre Jobs machen" und bei abgelehnter Leistung nicht gezahlt wird - ist doch genau diese nicht selten anzutreffende Leistungseinstellung wie im beschriebenen Fall die Crux!
Denn so etwas erschafft Tatsachen, zerstört Leben, kostet ggf. die Wohnung, die adäquate (Weiter)behandlung und ist meistens ohne Freunde, Vermögen, Spenden, gerichtlichen Kampfgeist ggf. mit guten Anwälten (die auch finanziert werden müssten), nicht stemmbar. Gerade wer Schmerzen hat, ggf. bedröppelt von Medikamenten in der Ecke liegt, ggf. Depressionen entwickelt oder durch die Gesundheit einen (zusätzlichen) Lebensschock verpasst kriegt, muss in ein nahtlos in seinem Sinne und zu seinem Schutz funktionierendes Netz fallen und davon getragen werden.
Selbst wer als von außen draufschauender Vertreter*in kapitalistischer oder preußischer Normen "so seine Schwierigkeiten" mit anderen Denkweisen über die Leistungsgesellschaft oder zum Arbeitsbegriff hat, auf vermeintlich "faule Säcke" schimpft, die "Gelder kassieren", während "andere es nötiger hätten", muss doch hier, an genau den KERNEN und RUDIMENTEN des "alten Helfergedankens" darauf bestehen, dass staatliche Hilfssysteme hier wirkliche Hilfe liefern!
 
(M)ein Statement:
Es müsste in so einem Fall alles erstmal weitergezahlt und übernommen werden, selbst wenn sich Kassen und Behörden ggf. später im Nachgang ohne Belastung des Betroffenen über die Gelder "streiten möchten".
Wieso wird die Haushaltshilfe verweigert, wenn jemand quasi an seine Wohnung gefesselt ist - laut ärztlichem Befund keine Treppen steigen kann?
Warum wird nicht einfach etwas Geld den spontan sprungbereiten Freunden und Bekannten gegeben, wie für solche Akutlagen gesetzlich eigentlich vorgesehen(!), damit diese eben die Arbeit machen können und nicht selber ihren Groschen hinterherjagen, wie es das System ebenfalls von denen verlangt (zur Entlastung der öffentlichen Hand, sofern sie selber Sozialleistungen beziehen)?
Wieso werden keine Profidienste, die Einkäufe erledigen unkompliziert und in DER ZEIT, in der ES NÖTIG IST, also wo der Mensch halb erschlagen in der Ecke liegt, postwendend auf den Plan gerufen?
Kommt jemand mit Unfall oder akuter Krankheit ins Krankenhaus und es besteht eine Sozialhilfeproblematik, wäre es doch gerade die Verpflichtung eines sog. Sozialstaates, die Mitwirkung auch in solchen Extremlagen zu ermöglichen!
Da müsste dann jemand Professionelles den Briefkastendienst machen und dem Amt sagen Herr oder Frau xyz ist schwer krank, wir bringen ihm/ihr erstmal die Post, bitte zahlen Sie einstweilen erstmal weiter!
Die MIETE darf nicht gefährdet werden! Weder durch Bürgergeldmodalitäten selber noch durch ein (un)absichtliches Zusammenspiel mehrerer Ämter oder Kassen.
Wenn Freunde und Bekannten tatkräftig oder finanziell einspringen, gilt das ggf. auch wieder als Beleg dafür, dass man "keine Hilfe bräuchte". Ist der Vermieter ggf. "kulant" und holt nicht gleich das Räumkommando, war so ein Mietvertrag wohl "nicht ernsthaft"...

Hier passieren immer wieder, ich behaupte der Tendenz nach sogar systematisch, Extremfälle - ich verweise daher auch wieder auf den Fall von Michael Fielsch, der infolge amtlich verweigerter Mietkostenübernahme obdachlos zu seiner Bypass-Herz-OP musste und dann während der Reha auf Wohnungssuche gehen musste - selbstverständlich weggentrifiziert von seinen früheren Wohnorten - in eine (andere) sog. strukturschwache Region gespült, da es dort jede Menge Leerstand gab, jedoch keine einzige seiner zuvorigen sozialen Bekanntschaften direkt im Kiez...
Immerhin hatte Michael Fielsch damals noch seinen "Regelsatz" bekommen... da kann er ja wohl noch besonders dankbar sein... hust, hust... (Ironie off...)

...weitere Belege für ähnlich gelagertes irrwitziges behördliches und "Kassen-" Vorgehen:
und weitere Blogbeiträge auf gegenmacht.net.

Auch diese Bloggerin stellte fest: "Schikane! Schikane! Wer bei den Sozialbehörden krankheitsbedingte Mehrbedarfe beantragt, bekommt dann das physische Existenzminimum entzogen".
 
Wer multiple Erkrankungen oder Problemlagen im Leben hat, muss offenbar auch mit multiplen Problemen ämterseitig bis hin zu Leistungskürzungen oder totalem Versagen existenzieller Leistungen rechnen...
 
Wer freiwillig aufgrund solcher Erfahrungen (Dritter) auf Leistungen oder sog. Mehrbedarfe verzichtet, macht das ggf. nicht aus Überzeugung, dass ihm das nicht zustünde, sondern ggf. auch aus der Angst, durch sein Nachfragen ggf. gleich noch mehr zu verlieren. Es geht hier aber nicht um Spiele mit exponentiellem Wachstum wie "Wer wird Millionär", sondern um existenzsichernde Leistungen, mitunter in verschärften Lebenslagen - in einem Gesellschaftsgefüge, das wenig Fehlertoleranz hat, etwa wenn man nicht pünktlich seine Miete, seinen Strom usw. zahlt oder nicht krankenversichert ist...


Ich verlange daher eine  klare Positionierung von unserer Politik und Verwaltung!
Ein Bekenntnis zum Sozialstaat, der sich ohne dem nur fortwährend schöngeredet wird! 
"Niemand muss durchs soziale Netz fallen, keiner wird obdachlos, wenn er es "nicht will",  so euphemistisch, wie Heinrich Alt Ralph Boes seinerzeit vor ca 12 Jahren mit diesen Worten "tätschelte", geht es noch immer zu.

Sehr geehrte Politiker*innen und Zuständige, die ich über diesen Artikel informiere!

Ich verknüpfe Sie, in Ihren politischen Ämtern, gern mit all jenen Fällen, von denen ich immer wieder erfahre, sofern Sie es mir nicht glauben!
Wir Mitmenschen helfen oft so gut wir können in solchen Fällen - aber es ist nicht unsere Aufgabe, grundlegende Fehler in den Abläufen zu korrigieren**! Das ist Ihre Aufgabe in der Politik und in den Ämtern selber!
Und zwar im Sinne der Betroffenen!

Wer in akuter Not ist, darf nicht getreten werden.
Selbst wenn es nur "passives Zulassen" solcher Zustände ist und keine aktive Sterbehilfe und die netten Herren und Damen in den Ämtern es persönlich nicht böse meinen und niemandem nach dem Leben trachten, ist es doch in der WIRKUNG hochfatal für die Betroffenen. Denn es endet auch manchmal so:

Es wird hier auf die schwächsten in gerade den brenzligen Momenten geschissen, in denen sie wehrlos sind. Ich bin stinkwütend und fordere sofortige Besserung!


Nachtrag:
Insgesamt dauert das Ganze, also der eingangs beschriebene "Fall", seit weniger als einem halben Jahr an, daher ist ein sofortiges Kürzen von Leistungen nicht gesetzeskonform, wenn man dieser Quelle hier vertraut:

Zitat:
"Zahlt das Jobcenter bei Krankenhausaufenthalt weiter?

Ob das Jobcenter bei einem Krankenhausaufenthalt weiterhin Bürgergeld zahlt, hängt von der Dauer der stationären Unterbringung ab. Grundsätzlich ist ein Krankenhausaufenthalt (oder andere stationäre Therapien) bis zu einem Dauer von sechs Monaten unschädlich. Dauert der Krankenhausaufenthalt weniger als sechs Monate, wird Bürgergeld weiterhin gezahlt. (§ 7 Abs. 4 SGB II)"


** es wäre nur ggf. moralisch betrachtet unterlassene Hilfeleistung, solche Notrufe nicht an die zuständigen Stellen weiterzugeben.

Auch Ärzt*innen und Therapeut*innen können ihr Handwerk nicht erfolgreich ausüben, wenn sie ständig durch verschleppte Krankheiten von vorn beginnen müssen und ihrerseits nicht auf ein funktionierendes Sozialsystem zugreifen können. Moderne (ggf. sogar High-Tech) Spezialverfahren können nicht ein menschenverachtendes Vorgehen in den Behörden kompensieren.

der eingangs beschriebene Fall, Michael Fielsch, Gisela Kho, die schwerkranke Bloggerin der "gegenmacht.net", und viele mehr, von denen es wenige an eine (begrenzte) Öffentlichkeit schaffen - jede*r nur ein 

Einzelfall llll llll llll llll ?

Sehr geehrte Politiker*innen und "ausführende in den Sozialämtern, Krankenkassen und Jobcentern - fordern auch Sie ein EXISTENZIELLES GRUNDRECHT für alle Menschen?!

VezeG.de



P.S.: der erfolgreiche (gepfefferte) Antrag des eingangs erwähnten Falles auf einstweilige Anordnung beim Berliner Sozialgericht ist hier nachzulesen:

https://gerichtsverfahrenundklageprozesse.blogspot.com/p/schreiben-zum-einstweiligen.html

ein weiterer Antrag gegen die Krankenkasse hatte ebenfalls Erfolg

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