Donnerstag, 11. Oktober 2018

Der Film "7 Tage Arbeitsagentur" - eine kritische Analyse

Danke für die anonyme Zuschrift eines Lesers, die ich gern hier veröffentliche.
Es handelt sich um die Meinung jenes Zuschauers, die aus meiner Sicht analytischen Charakter hat. Er war über den Blog von Ralph Boes auf den Film aufmerksam geworden, in welchem eine Journalistin ähnlich wie ich es anbiete "Jobtests" macht und das dann im TV kommt.

"Der  Film 7 Tage Arbeitsagentur https://www.youtube.com/watch?v=NOxuvLjy28c&pbjreload=10

ist PROPAGANDA PUR

 

1. egv = protokoll  (verschleiert die sehr kritisch zu betrachtende tatsächliche bedeutung der egv als vertrag und dessen zustandekommen unter der androhung von sanktionen )

2.Verschleierung der tatbestände durch emotionalisierung und
personalisierung der inhalte:

"wenn ich einen so netten bearbeiter gehabt hätte wäre es mir bestimmt besser gegangen" verschiebt die tiefliegende fragen zu den rechten des
Arbeitslosen (freie arbeitswahl, vertragsstruktur und vertragsrechte,
Menschenbild, Grundgesetzfragen) auf die persönliche "gutwillebene" von
Sachbearbeitern. Diese verdeckt und lenkt von den wahren gesetzlichen,
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen ursachen und dem diesbezüglichen handeln der Jobcenter ab.

hinzu kommt:- 2-stufige schilderung von „arbeitsvermittlertypen“. Der
letztere zeigt sich "einfühlsamer". Durch die reihenfolge und „stufung“ wird gesagt, ja es gibt fehler/härten ...aber im grunde sind die regeln richtig, und als beweis wird dann der nettere Arbeitsvermittler gezeigt.
Das funktioniert im Bild gesprochen folgendermassen:
ich halte jemandem mit sehr festem griff. ich halte ein wenig weniger
fest und subjektiv entsteht der eindruck von entlastung. die tatsache
des festhalten selber wir nicht mehr thematisiert.



 

3. „das jobcenter ist keine wunschfabrik“:
verschleiert aufgaben des
Jobcenters und stellt wünsche und bedürfnisse als etwas besonderes,
ausserhalb des normalen dar und diffamiert und verbannt damit das aussprechen von bedürfnissen ins reich des unberechtigten. Damit wird die seite des anspruchs auf förderung diskreditiert, und strukturell die deutungshoheit des jobcenters zementiert.Zudem werden damit (wie aus der pädagogik bekannt) die starken intrinsiche motivationskräfte durch unsere träume, wünsche und Hoffnungen systemisch ignoriert und stattdessen gehorsam eingefordert und als pädagogisches prinzip mit dem dazugehörigen menschenbild zum statusquo erhoben.

 


4.- (personalisierung der ursachen von Arbeitslosigkeit)
es erfolgt die personalisierung der Schuld für Arbeitslosigkeit anhand von menschen die zb. nicht ausreichend gut schreiben können, bzw. schlecht gebildet sind) – Diese auswahl ermöglicht der mehrheit der zuschauer sich von diesen abzugrenzen, da die mehrheit ja tatsächlich lesen und schreiben kann. Somit schafft man eine untergruppe (randgruppe) von arbeitslosen. Durch abgrenzung von ihnen entsteht für die anderen arbeitslosen eine möglichkeit zur identitätsbildung durch Abgrenzung/überhöhung (ich bin anders, ich kann schreiben).
Mit dieser fallsetzung wird ein frame gesetzt, der aber der statistik widerspricht, da die meisten arbeitslosen sehr wohl einen abschluss oder eine ausbildung haben. Mit dieser personalisierung entsteht ein schuldiger/minderwertiger auf den die anderen aus der distanz schauen können. damit gerät die systemische bedrohung für ALLE durch die hartz-IV-gesetze aus dem focus und individualisiert sie zu persönlichem versagen.
An dieser stelle wäre genau die frage zu stellen gewesen, was das jobcenter denn nun tun kann um die menschen entsprechend zu qualifizieren und zu motivieren. Stattdessen bleibt es beim individuellem versagen und das strukturelle versagen des arbeitsmarktes oder des schulbildungssystems wird damit verschleiert und nicht thematisiert.




 

5.- umkehrung der Dienstleistung, bzw umkehrung der wirkrichtung von:
es wird die anpassung der bedürfnisse der arbeitslosen an den Arbeitsmarkt als statusquo erhoben und als normal dargestellt, statt der tatsächlichen anpassung des Arbeitsmarktes an die bedürfnisse der Arbeitslosen zu fordern. (dies erinnert an frau merkels marktkonforme demokratie statt demokratiekonformer markt)
Das framing das sich die bedürfnisse des Arbeitnehmers den bedürfnissen des arbeitsmarktes zu fügen haben und nicht umgekehrt wird dadurch gesetzt, das sehr viel zeit zur schilderung von internen vermittlungsvorgängen und des inneren mangements verwendet wird. So wird einen anschein von qualität, struktur und seriösität vermittelt und zur normalität erklärt. Die grundlagen und die prämissen und deren bedeutung für diese ordnung und struktur werden weder erklärt noch in frage gestellt.

 


6. situation des coachings/aussuchens geeigneter busfahreranwärter:
Die gesellschaftlich dringend notwendige diskussion über schlechte arbeitsbedingen, deren ursache, wirkungen und die folgen und die unheilvolle rolle des arbeitsamtes dabei( erhöhung des konkurrenzdruckes durch strukturell verankerte sanktionsandohungen, ausbau des niedriglohnsektors) wird dadurch zum verschwinden gebracht, das die schlechten arbeitsbedingungen für busfahrer zur normalität  erhoben werden. Sie werden von der coacherin des arbeitsamtes nicht nur zum status quo erhoben sondern sogar noch drastischer geschildert  um dann das ranking im coachuntericht zu eröffnen, wer dem denn gewachsen sei.(nur die harten kommen in den garten) Somit wird die frage nach der berechtigung solcher arbeitsbedingungen NICHT gestellt, sondern die aufmerksamkeit und energie auf die konkurrenzsituation untereinander umgeleitet Die coacherin kann ihre tätigkeit sogar dergestalt ins gute licht rücken, dass sie die zu coachenden auf den arbeitsmarkt vorbereitet und dabei sogar noch den zukünftigen busfahrern die positive „überraschung“ bereiten kann, das die arbeitsbedingungen zwar schlecht/hart aber doch nicht so schlecht/hart seien wie angekündigt. Dieser wille zur positiven überraschung soll der betrachter als zugewandt empfinden, womit aber ihre tatsächliche bzw. die rolle des jobcenters als organisator(in) der konkurrenzsituation verdeckt wird.

 


7. Die autorin als ehemals betroffene arbeitslose ist der emotionaler "opener" um dann im anschluss die oben genannten Frames zu setzen und diese in keinster weise in ihren grundlagen anzugreifen, und damit bleiben die Ursachen, bedingungen und folgen von Hartz-IV UNANGETASTET."


Neugierig? schaut Euch selber den Film an und kommentiert (gern dort bei youtube oder hier), wenn Euch was auf dem Herzen liegt ;-)

 
Der Autor trägt ein Fazit nach:

"Ich wünschte mir, die autorin des filmes wäre BESSER arbeitslos geblieben, oder NOCH BESSER, sie hätte den WUNSCH nach einem WEITERBILDUNGSPAKET in ökonomie, grundrechten, psychologie und
tatsächlicher mitmenschlichkeit verspürt und dann AUCH ERHALTEN, anstatt eine solche propagandadoku zu produzieren ;-)

 "

3 Kommentare:

  1. Im Film heißt es: "Für jedes Einzelschicksal 60 Sekunden." - Damit ist doch schon alles gesagt.

    Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und ihre Jobcenter sind doch nur noch dafür da, mit dem § 10 SGB II Arbeitslose als Arbeitssklaven in Zeitarbeitsfirmen zu pressen und damit die Arbeitslosenquote zu schönen. Jeden Monat werden von den Jobcentern einige hunderttausend Arbeitslose in Hilfsarbeiterjobs gedrängt (die nach 3 Monaten wieder im Jobcenter sind) und zusätzlich werden jeden Monat Tausende von ALG II Bezieher in sogenannte "Maßnahmen" verfrachtet. Alle über 58-jährigen Arbeitslosen fliegen automatisch aus der Arbeitslosenstatistik heraus. Nicht zu vergessen, dass jemand mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt nach Definition der BA nicht arbeitslos ist, denn "Wer krank ist, der ist nicht arbeitslos". Wer hier noch eine Logik erkennt, der sollte auch schnellstens einen Arzt aufsuchen. Aber egal, der Bürger möchte darüber wohl nicht so genau nachdenken, und unsere "unabhängigen" Journalisten haben kein Interesse an der Wahrheit, weil die meisten Medien in der Hand einiger reicher Familien sind und die Politiker ihre Finger auch noch mit im Spiel haben (siehe z.B. den Rundfunkrat beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk).

    Die BA und ihre Jobcenter halten sich natürlich auch mit aller Gewalt selbst am Leben, denn sonst hätten wir weitere 100.000 Arbeitslose in Deutschland. Die Arbeitsagenturen, die mit einem unglaublichen Bürokratismus und über 100.000(!) Mitarbeitern einen egozentrischen Aufwand betreiben, der in gar keinem Verhältnis zu den Vermittlungserfolgen steht, kostet dem Steuerzahler jährlich einige Milliarden Euro - und das allein nur an Gehältern.

    Die primäre Aufgabe der BA ist aber, am Monatsanfang ihre Lügenzahlen (Arbeitslosenquote) dem naiven Volk zu präsentieren, damit unsere Regierung nicht in Erklärungsnot kommt und zugeben muss, dass die Arbeitslosenquote schon lange durch die Decke geschossen ist.

    Wer noch sehen und auch nachdenken kann, der weiß seit Jahren: Wenn es tatsächlich noch Jobs zu verteilen gäbe, von dem ein Mensch auch existieren kann, dann könnte der Staat sich doch eine Behörde, wie die Bundesagentur für Arbeit/Jobcenter, mit 100.000 Mitarbeitern sparen.

    Wer noch glaubt, das Jobcenter vermittle in echte Arbeit, von dem man als Bürger auch leben kann, der glaubt auch, das Ordnungsamt räume ihm die Wohnung auf.

    "Die Zeiten der Vollbeschäftigung sind endgültig vorbei. Vollbeschäftigung ist ein Mythos. Eine Lüge." sagte Götz Werner - Milliardär und Gründer eines Drogerie Konzern - in einem Interview im Stern bereits am 14.05.2006. Nur unsere Politiker halten an dieser Lüge fest und lassen lieber weiterhin 5 Millionen Hartz IV Empfänger und 4 Millionen Aufstocker von den Jobcentern drangsalieren, als endlich einmal die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit ist: Es gibt von Jahr zu Jahr immer weniger Jobs für den Homo sapiens in dieser hochtechnisierten Welt.

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  2. ".... das die schlechten arbeitsbedingungen für busfahrer zur normalität erhoben werden."

    Busfahrer wird es bald nicht mehr geben. Das wird bald in sämtlichen Berufen so sein, dass der Mensch nur noch ein Störfaktor in der Arbeitswelt ist, denn die digitale Revolution ist schon seit Jahren im Gange.

    Hamburg testet ab 2019 autonom fahrende Busse
    https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article214456001/Autonom-fahrende-E-Busse-ab-2019-die-Fahrt-ist-kostenlos.html

    In Seattle (USA) eröffnete Amazon den ersten Supermarkt, der komplett ohne Kassen auskommt. Wer hineingeht, meldet sich per App an, nimmt aus den Regalen, was er braucht und geht wieder raus. Sensoren und Videokameras registrieren den Einkauf und Amazon schickt die Rechnung aufs Handy.
    https://www.basicthinking.de/blog/2016/12/05/amazon-go-einkaufen/

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    1. Hamburg: Selbstfahrende E-Busse im Test

      https://www.youtube.com/watch?v=34pojLvBNQM

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